juris PraxisReporte

Autor:Claudia Schoppen, RA‘in und FA‘in für Verwaltungsrecht
Erscheinungsdatum:13.11.2025
Quelle:juris Logo
Normen:§ 3 BImSchG, § 7 BImSchG, § 52 BImSchG, § 5 BImSchG, § 58e BImSchG, EURL 75/2010, EGRL 31/1999
Fundstelle:jurisPR-UmwR 11/2025 Anm. 1
Herausgeber:Prof. Dr. Ferdinand Kuchler, RA
Prof. Dr. Martin Spieler, RA
Zitiervorschlag:Schoppen, jurisPR-UmwR 11/2025 Anm. 1 Zitiervorschlag

Zum Stand der Umsetzung der novellierten Industrieemissionsrichtlinie in deutsches Recht

I. Vorbemerkung

Zur Umsetzung der novellierten Industrieemissionsrichtlinie1 (im Folgenden: IE-Änderungs-RL) hatte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz 2024 noch in der 20. Legislaturperiode Referentenentwürfe eines Mantelgesetzes (Artikelgesetz) zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) und anderer Gesetze wie insbesondere des Bundesberggesetzes und eine Mantelverordnung zur Änderung mehrerer immissionsschutzrechtlicher Verordnungen vorgelegt (im Folgenden: „Referentenentwurf 2024“)2. Mit der Mantelverordnung wurde außerdem der Entwurf einer neuen Umweltmanagement-Verordnung (45. BImSchV) vorgelegt.3

Das heutige Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN – im Folgenden: „Bundesumweltministerium“) hat nun in der neuen Legislaturperiode, und zwar im Juli 2025, einen überarbeiteten Entwurf des Artikelgesetzes und der Mantelverordnung vorgelegt. Dieser befindet sich noch im Gesetzgebungsverfahren; die zweite Länder- und Verbändeanhörung hat bereits stattgefunden.

Mit der Überarbeitung wird u.a. Kritik aufgegriffen, die in der ersten Anhörung zum Referentenentwurf 2024 vorgebracht wurde, beispielsweise dass die Novellierung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes über eine bloße Umsetzung der IED-Novelle hinausgehe und auch Nicht-IED-Anlagen einbeziehe. Zum Teil werden die Neuregelungen, ohne inhaltliche Änderung, neu geordnet, wodurch das Bundes-Immissionsschutzgesetz und seine Verordnungen eine klarere Struktur bekommen. Außerdem werden Lücken gefüllt, die bei den ersten Referentenentwürfen offengeblieben waren, beispielsweise im Wasserrecht. Das Mantelgesetz enthält nun auch Änderungen des Wasserhaushaltsgesetzes.

Im Nachfolgenden werden einige der immissionsschutzrechtlichen Neuregelungen vorgestellt.

II. Überblick über die Neuregelungen in den Referentenentwürfen, Stand: 03.07.2025

1. Bundes-Immissionsschutzgesetz

a) Gesetzeszweck

Der Gesetzeszweck „Verbesserung der Ressourceneffizienz, der Förderung der Kreislaufwirtschaft und der Dekarbonisierung“ wurde auf Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie (im Folgenden: „IED-Anlagen“) beschränkt. Im Referentenentwurf 2024 waren diese Ziele generell auf alle genehmigungsbedürftigen Anlagen bezogen.

b) Umweltleistungswerte, Umweltleistungsgrenzwerte, Orientierungswerte

Im Zusammenhang mit der Ressourceneffizienz werden neue Parameter und Begrifflichkeiten eingeführt, die in § 3 „Begriffsbestimmungen“ definiert werden. Schon der Referentenentwurf 2024 war kritisiert worden, dass die neuen Begriffe wie z.B. Umweltleistungswert, Umweltleistungsvergleichswert oder die „tiefgreifende industrielle Transformation“ schwer verständlich und zu unbestimmt seien. Es wurden schlicht die Begrifflichkeiten aus der EU-Industrieemissionsrichtlinie übernommen, ohne diese ausreichend zu definieren und an das deutsche Immissionsschutzrecht anzupassen. Das wurde leider nicht geändert. Lediglich der Begriff „Umweltleistungsrichtwert“ wurde durch den immissionsschutzrechtlich vertrauteren Begriff „Orientierungswert“ ersetzt, bleibt aber in der Sache dasselbe. „Orientierungswerte für die Umweltleistung“ sind nach § 3 Abs. 6i BImSchG-E lediglich indikative, also keine verbindlichen Werte für die Umweltleistung4 einer Anlage. Die Orientierungswerte werden später noch in der neuen Umweltmanagement-Verordnung (45. BImSchV) festgelegt und sind vom Anlagenbetreiber im Umweltmanagementsystem (dazu unten Ziff. 2 a) der jeweiligen Anlage zu berücksichtigen.

Offen bleibt in den Begriffsbestimmungen der „Umweltleistungsgrenzwert“. Hierzu findet sich allein in der künftigen Umweltmanagement-Verordnung (45. BImSchV) eine Regelung in § 95. Diese Vorschrift regelt die Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von Anlagen im Hinblick auf Abfälle und andere Ressourcen, ausgenommen Wasser. Dabei soll die Systematik der Ableitung der Umweltleistungsgrenzwerte dieselbe sein wie bei der Ableitung von Emissionsgrenzwerten aus mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten, nur eben nicht bezogen auf Emissionen der Anlage, sondern auf Abfälle und andere Ressourcen.6 Grundlage der Festsetzung sind ebenfalls die BVT-Schlussfolgerungen, die die besten verfügbaren Techniken (BVT) und die mit den BVT assoziierten Emissionswerte und künftig eben die mit den BVT assoziierten Umweltleistungswerte zusammenfassen.7 Der Umweltleistungsgrenzwert ergibt sich aus den Umweltleistungswerten, die in den BVT-Schlussfolgerungen als Spanne von Umweltleistungswerten z.B. für Abfälle oder andere Ressourcen, festgelegt sind. Hieraus wird im Rahmen der nationalen Umsetzung ein Grenzwert, also ein Maximalwert der Umweltleistung, abgeleitet und in die 45. BImSchV übernommen, der nicht überschritten werden darf.8

c) Betreiberpflichten

Mit der Novelle werden neue Betreiberpflichten eingeführt. Laut Referentenentwurf 2024 sollten die Anlagenbetreiber – und zwar alle Betreiber von genehmigungsbedürftigen Anlagen, nicht nur Betreiber von IED-Anlagen – die zusätzliche Betreiberpflicht haben, die Nutzung und Erzeugung erneuerbarer Energien nach Möglichkeit voranzutreiben, materielle Ressourcen (z.B. Rohstoffe) einschließlich Wasser effizient zu nutzen (auch durch Wiederverwendung) sowie – hier beschränkt auf IED-Anlagen – ein Umweltmanagementsystem (im Folgenden: „UMS“) einzuführen und dauerhaft zu „betreiben“ (also zu unterhalten). Diese Pflichten werden nun konkretisiert und neu geordnet. Die sich auf die Wassernutzung beziehende Betreiberpflicht wurde aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz herausgenommen und wird richtigerweise im Wasserhaushaltsgesetz geregelt.9

Die neuen Pflichten zur verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien und zur Ressourceneffizienz werden in einem neuen § 5 Abs. 4 BImSchG-E zusammengefasst und gelten jetzt allein für Betreiber von IED-Anlagen. Wann ein Betreiber verpflichtet ist, „nach Möglichkeit“ erneuerbare Energien zu erzeugen und zu nutzen, wird dort „konkretisiert“, nämlich dann, wenn es technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. Ziele und Maßnahmen zur verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien sind im UMS darzustellen (§ 3 Abs. 3 Nr. 3 der 45. BImSchV). Die Erfüllung dieser Betreiberpflicht soll nicht im Genehmigungsverfahren geprüft, sondern im Rahmen der Konformitätsprüfung des UMS durch Sachverständige überwacht werden.

d) Emissionsgrenzwerte und zulässige Abweichungen (§ 12a BImSchG-E)

Zukünftig gelten für Anlagen die strengst möglichen Emissionsgrenzwerte bzw. Emissionswerte (§§ 7a Abs. 2 Nr. 1, 48 Abs. 1a BImSchG-E). Diese gelten nach Veröffentlichung neuer BVT-Schlussfolgerungen sofort und unmittelbar. Die häufig anzutreffende Verwaltungspraxis, die in Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften festgelegten Emissionsgrenzwerte und Emissionswerte bei Erteilung einer Neugenehmigung nicht mehr anzuwenden, sofern die neuen BVT-Schlussfolgerungen weitergehende Anforderungen stellen, wird also legalisiert (vgl. § 12a Abs. 4 BImSchG-E). Gleichzeitig wird das Praxisproblem „gelöst“, dass der Verordnungsgeber es zurzeit regelmäßig nicht schafft, die Rechtsverordnungen innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen anzupassen (vgl. § 7 Abs. 1a Nr. 1 BImSchG).

Wie schon nach geltender Rechtslage können die Behörden auch künftig weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen. Es sollen zwei Fallgruppen unterschieden werden. Bei Unverhältnismäßigkeit der Emissionsgrenzwerte im Einzelfall ist eine Abweichung innerhalb der Emissionsbandbreiten möglich, aber immer mit dem Ziel, möglichst strenge Emissionsgrenzwerte festzulegen (§ 12a Abs. 1 BImSchG-E). Sollen die Emissionsgrenzwerte die Emissionsbandbreiten überschreiten, ist dies, wie nach geltender Rechtslage, im Grundsatz nur wegen technischer Merkmale der Anlage oder aufgrund der Erprobung/Anwendung von Zukunftstechniken in einem kurzen Zeitraum10 möglich (§ 12a Abs. 2 BImSchG-E). Eine Überschreitung wegen technischer Merkmale der Anlage ist zudem nur möglich, wenn die Einhaltung der Emissionsbandbreiten gemessen am Umweltnutzen zu unverhältnismäßig höheren Kosten führen würde (§ 12a Abs. 2 Nr. 1 BImSchG-E). Für die Prüfung der Unverhältnismäßigkeit wird künftig ein strenger Maßstab vorgegeben, der aber auf Art. 15 Abs. 5 i.V.m. Anhang II der IED beruht. Die Kriterien für die Prüfung der Unverhältnismäßigkeit werden detailliert in einer neuen Anlage 2 zum BImSchG aufgeführt. Die Beantragung einer Abweichung von den Emissionsgrenzwerten wird in Zukunft also noch höheren Begründungsaufwand erfordern.

Außerdem ist der Anlagenbetreiber bei einer Abweichung wegen technischer Merkmale der Anlage verpflichtet, die Auswirkungen auf die Immissionskonzentration der betreffenden Schadstoffe oder auf die Konzentration der betreffenden Schadstoffe im aufnehmenden Oberflächengewässer zu bewerten. Steht auf Grundlage dieser Bewertung fest, dass die Abweichung zu einer relevanten Änderung des Immissionsbeitrags der Anlage führt und diese quantifizierbare oder messbare Auswirkungen auf die Umwelt haben wird, löst dies eine behördliche Überwachung aus (§ 29c Abs. 2 BImSchG-E).

Zusätzlich besteht im Fall einer Krise die Möglichkeit, für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten11 eine weitere Lockerung der Emissionsbegrenzungen unter den in § 31m BImSchG-E beschriebenen Voraussetzungen zu erreichen.

Eine weitere Erleichterung kann sich für Anlagenbetreiber aus § 52a Abs. 2 bis 4 BImSchG-E ergeben, wenn sich deren Anlagen in einer tiefgreifenden industriellen Transformation12 befinden. In diesem Fall kann unter bestimmten Voraussetzungen die Frist zur Einhaltung der Emissionsgrenzwerte und Emissionsbegrenzungen auf acht Jahre nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen verlängert oder sogar ganz von einer Aktualisierung abgesehen oder befreit werden. Damit soll verhindert werden, dass finanzielle Mittel für eine Optimierung von Techniken eingesetzt werden müssen, die sich aufgrund der industriellen Transformation kurzfristig erübrigen.13 Ansonsten gilt auch künftig für die Anlagen eine Umsetzungsfrist von vier Jahren.

Bei Überschreitung von Umweltleistungswerten gilt nach § 12a BImSchG-E Vergleichbares.

e) Überwachung der Anlagen

Die Überwachungsvorschriften sollen neu strukturiert werden. Die Überwachung von IED-Anlagen sollen nun in einer eigenen Vorschrift in § 52a BImSchG-E zusammengefasst werden. Dazu werden alle Regelungen, die IED-Anlagen betreffen, aus § 52 BImSchG in den neuen § 52a BImSchG-E überführt. Im künftigen § 52 BImSchG-E bleiben die für alle Anlagen geltenden Überwachungsvorschriften. § 52a BImSchG-E wird außerdem an zusätzliche Anforderungen der novellierten Industrieemissions-Richtlinie angepasst. Im Referentenentwurf fehlt noch die Neunummerierung des jetzigen § 52b „Mitteilungspflichten zur Betriebsorganisation“.

f) Schadensersatzpflicht (§ 65 BImSchG-E)

Leider wurde die Schadensersatzregelung (jetzt in § 65 BImSchG-E) vom Wortlaut her nicht geändert. Dies wurde gefordert, weil nach dem Wortlaut unklar ist, ob es sich um eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung oder eine Haftung des Betreibers nur für Verschulden handelt.14 Wenigstens stellt die Begründung nun klar, dass keine Verschuldenshaftung begründet werden soll.15

Außerdem wird eine Sonderverjährungsregelung eingeführt. Der Beginn der Verjährung setzt die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Geschädigten von den den Anspruch begründenden Umständen sowie der Person des Schädigers voraus. Zudem muss der Geschädigte auch Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis davon haben, dass sich aus den Umständen ein Verstoß gegen die in § 65 BImSchG-E genannten Pflichten ergibt.16

2. Bundes-Immissionsschutzverordnungen

a) Umweltmanagementsystem (45. BImSchV neu)

Eine der zentralen Änderungen ist die Einführung eines Umweltmanagementsystems (UMS) für IED-Anlagen. Die recht detaillierten Vorgaben des Art. 14a der IE-Änderungs-RL an ein UMS werden in einer neuen immissionsschutzrechtlichen Verordnung über die Umsetzung von Vorgaben an ein Umweltmanagementsystem und von Umweltleistungswerten in Industrieanlagen – 45. BImSchV umgesetzt.

Hervorzuheben ist, dass das UMS – anders als noch im Referentenentwurf 2024 – keine Grundpflicht des Anlagenbetreibers i.S.d. § 5 BImSchG mehr sein soll. Die Pflicht, ein UMS einzurichten und dauerhaft umzusetzen, wird nun im neuen § 58e BImSchG statuiert, also in dem Abschnitt, in dem sich die betriebsorganisatorischen Pflichten der Betreiber befinden.

Nach der Vorstellung des europäischen Gesetzgebers können mit einem UMS die Umweltleistung und die Anlagensicherheit laufend verbessert werden. Es dient der Dekarbonisierung der Anlagen und z.B. der Optimierung von Ressourcennutzung, aber auch der Vermeidung oder Minderung von Risiken in Verbindung mit der Verwendung gefährlicher Stoffe. Zu letzterem Zweck muss das UMS ein Chemikalienverzeichnis mit einer Risikobewertung und der Analyse der Möglichkeiten einer Substitution gefährlicher Stoffe beinhalten. Weiteres Element des UMS ist der Transformationsplan, der Informationen zu den Maßnahmen enthält, die der Betreiber in der Anlage im Zeitraum bis 2050, also dem Zeitpunkt, bis zu dem Treibhausgasneutralität erreicht werden muss17, ergreifen wird, um zu einer nachhaltigen, sauberen, kreislauforientierten, ressourceneffizienten und klimaneutralen Wirtschaft beizutragen (vgl. § 4 der 45. BImSchV). Zur Begrenzung des bürokratischen Aufwands werden die bei vielen Unternehmen bereits vorhandenen Umweltmanagementsysteme nach EMAS und DIN EN ISO 14001 als UMS i.S.d. 45. BImSchV anerkannt; diese müssen um die speziellen Anforderungen an ein UMS nach der IE-Änderungs-RL wie z.B. ein Chemikalienverzeichnis und einen Transformationsplan sowie nach den BVT-Schlussfolgerungen ergänzt werden (§ 2 Abs. 4 der 45. BImSchV). Für das Chemikalienverzeichnis soll auf bereits vorhandene Informationen wie z.B. die bereits nach anderen Vorschriften erstellten Stoffverzeichnisse zurückgegriffen werden können (§ 3 Abs. 4 der 45. BImSchV).

Zur Entlastung wiederum der Behörden wird das UMS nicht behördlich überwacht, sondern der Anlagenbetreiber hat die Konformität des UMS und seiner Umsetzung mit der 45. BImSchV zunächst im Rahmen eines internen Audits zu prüfen und dann mindestens alle drei Jahre durch Konformitätsbewertungsstellen (§ 7 der 45. BImSchV). Daneben obliegen dem Anlagenbetreiber allerlei Berichts- und Dokumentationspflichten. Er hat mittels Messungen oder Datenerhebungen die Umweltleistung der Anlage zu erfassen (§ 6 der 45. BImSchV) und jährlich der zuständigen Behörde über den Fortschritt bei der Erreichung der umweltpolitischen Ziele Bericht zu erstatten und ggf. zum Nachweis Dokumente vorzulegen (§ 8 der 45. BImSchV).

Die Anlagenbetreiber sollen verpflichtet werden, das UMS einschließlich Chemikalienverzeichnis und Transformationsplan sowie den Nachweis der Konformität im Internet zu veröffentlichen (§ 5 der 45. BImSchV). Zum Umfang der Veröffentlichungspflicht wird die Kommission bis Ende 2025 noch einen Durchführungsrechtsakt erlassen.18 Zum Schutz öffentlicher Belange, von personenbezogenen Daten oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen können entsprechende Stellen umformuliert oder geschwärzt werden; dies soll aber restriktiv gehandhabt werden.

b) Neustrukturierung der 4. BImSchV

Mit der Novellierung der 4. BImSchV soll neben der Umsetzung der IE-Änderungs-RL eine Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren erreicht werden. Das vereinfachte Genehmigungsverfahren wurde dazu auf weitere Anlagen ausgeweitet. Neue Anlagenarten wurden bereits in die 4. BImSchV aufgenommen. Begrüßenswert ist, dass in Bezug auf Elektrolyseure nun differenziert wird und nicht jeder Elektrolyseur, auch der zur Herstellung von Wasserstoff, als IED-Anlage eingestuft wird und nicht für jeden kleinen Elektrolyseur ein förmliches Genehmigungsverfahren durchgeführt werden muss (Nr. 10.26 der 4. BImSchV). Diese Änderung ist bereits Ende 2024 in Kraft getreten.

3. Fazit

Die Überarbeitung des Referentenentwurfs von 2024 hat kaum zu einer Entbürokratisierung des künftigen Immissionsschutzrechts geführt, wohl auch, weil der Handlungsspielraum angesichts der Vorgaben der novellierten Industrieemission-Richtlinie begrenzt ist. Hier müssten erst auf EU-Ebene Änderungen erreicht werden, wenn das Ziel der Bundesregierung zur Entbürokratisierung erreicht werden soll. So bleibt es dabei, dass die materiell-rechtlichen und organisatorischen Anforderungen an Errichtung, Betrieb und Überwachung von IED-Anlagen deutlich erhöht werden.

Sinnigerweise wurden nun alle wasserrechtlichen Regelungen aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz herausgenommen. Es sollte überlegt werden, auch andere, auf Ressourcen, Abfälle und Energien bezogene Regelungen in die entsprechenden Fachgesetze zu überführen, wie etwa in das Kreislaufwirtschaftsgesetz oder das Klimaschutzgesetz. Die IED-Novelle muss nicht zwingend im Immissionsschutzrecht, sondern kann auch in anderen Fachgesetzen umgesetzt werden.

Angesichts der nach wie vor unverständlichen und auslegungsbedürftigen Begriffe/Anforderungen stellt sich die Frage, ob das Bundes-Immissionsschutzgesetz oder das UMS überhaupt vollzugstauglich ist. Hierzu bedarf es entweder Nachbesserungen bei der Definition der neuen Begrifflichkeiten oder ausführlicher Vollzugshinweise. Sicher ist allerdings, dass mit der Einführung von Anforderungen an die Umweltleistung der Industrieanlagen die Bedeutung der BVT-Schlussfolgerungen stark wächst.


Fußnoten


1)

Richtlinie (EU) 2024/1785 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.04.2024 zur Änderung der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) und der Richtlinie 1999/31/EG des Rates über Abfalldeponien.

2)

Referentenentwurf eines Gesetzes und einer Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024/1785 zur Änderung der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen vom 04. und 28.11.2024 des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.

3)

Vgl. den Überblick über Mantelgesetz und Mantelverordnung bei Kersandt/Schneider, jurisPR-UmwR 4/2025 Anm. 1.

4)

Plastischer ist der Begriff der englischsprachigen Fassung der IE-Änderungs-Richtlinie „environmental performance“.

5)

Vgl. auch die Definition in Art. 3 Nr. 5a IE-Änderungs-Richtlinie.

6)

Begründung zum Referentenentwurf betreffend die Verordnung zur Umsetzung der IE-Richtlinie (EU) 2024/1785 zur Änderung der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen, Art. 3 - 45. BImSchV, zu B. Besonderer Teil, u Art. 3, § 9, S. 142.

7)

Vgl. die Definition in § 3 Abs. 6b BImSchG bzw. BImSchG-E. Die BVT-Schlussfolgerungen werden aus den BVT-Merkblättern abgeleitet, die durch einen Informationsaustausch von Umweltbehörden der Mitgliedstaaten, Vertretern der Industrie und Umweltschutzorganisationen auf EU-Ebene entwickelt werden.

8)

Begründung zum Referentenentwurf, Stand: 03.07.2025, B. Besonderer Teil, zu Absatz 6i, S. 86.

9)

Begründung zum Referentenentwurf, Stand: 03.07.2025, B. Besonderer Teil, zu Absatz 4 Nr. 2, S. 88.

10)

Dieser Zeitraum soll verlängert werden, von derzeit 9 Monaten auf 30 Monate.

11)

Mit Verlängerungsmöglichkeit um weitere drei Monate.

12)

Vgl. die Definition in § 3 Abs. 6m BImSchG-E.

13)

Begründung zum Referentenentwurf, Stand: 03.07.2025, B. Besonderer Teil, zu § 52a Abs. 2, S. 105.

14)

Vgl. Stellungnahme Nr. 16/2025 des DAV von Mai 2025, S. 21 ff.; mn, abgerufen am 06.11.2025.

15)

Begründung zum Referentenentwurf, Stand: 03.07.2025, B. Besonderer Teil, zu § 65, S. 110 f.

16)

Begründung zum Referentenentwurf, Stand: 03.07.2025, B. Besonderer Teil, zu § 65, S. 110 f.

17)

Dies ist das europäisch festgelegte Ziel.

18)

Vgl. Art. 14a Abs. 4 IE-Änderungs-RL.


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